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Archaeopteryx und der PaläoZoo des Solnhofener Museums in der internationalen Diskussion des Kulturgutschutzgesetzes

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Das 11. Exemplar des Urvogels Archaeopteryx - eine private Leihgabe, ausgestellt im Museum Solnhofen. Foto: Gemeinde Solnhofen

 

Archaeopteryx und der PaläoZoo des Solnhofener Museums in der internationalen Diskussion des Kulturgutschutzgesetzes

 

Im Jahr 2014 wurde im Museum Solnhofen der erste „PaläoZoo“ seiner Art in Deutschland als ein neues Konzept für die museale Vermittlung der Paläontologie eröffnet. Mit drei der zwölf bekannten Exemplare des weltberühmten Urvogels Archaeopteryx und dem einzigartigen befiederten Dinosaurier Sciurumimus zeigt der „PaläoZoo“ vier der bedeutendsten „Ikonen der deutschen Paläontologie“. Gleich drei davon sind in die Liste national wertvoller Kulturgüter eingetragen. Gemeinde, Wissenschaftler, Sammler und Händler haben über fünfzehn Jahre an einem Strang gezogen, die Grundlage für eine neue Präsentation von Solnhofener Fossilien zu erarbeiten, über die Dr. C. Flügel (Landesstelle der Nichtstaatlichen Museen in Bayern) in der kommenden Dezemberausgabe der Zeitschrift „Museum heute“ publizieren wird: Dem Projekt „PaläoZoo“ kann aufgrund der Qualität der Sammlungsstücke und des innovativen Vermittlungsansatzes eine weit über Bayern hinausreichende Bedeutung zugesprochen werden. Die enge Kooperation mit der Landesstelle der nichtstaatlichen Museen in Bayern in der Konzeptions- und Realisierungsphase des „PaläoZoos“ ist dankend hervorzuheben.

 

Das Museum Solnhofen ist aufgrund seiner hochqualitativen Sammlung weltbekannt, die Museumsleitung u. a. in die internationale Wissenschaft am Europäischen Synchrotron (ESRF) in Grenoble eingebunden. In Grenoble hat ein Wissenschaftlerteam um den Franzosen Dr. Paul Tafforeau unter anderem an den Urvogelexemplaren des Solnhofener Museums die Türe zu einer nichtinvasiven Paläontologie aufgestoßen. Die Forscher können plötzlich alles erforschen, was im Solnhofener Stein an Knochen verborgen liegt, ohne in die Originale präoperativ eingreifen zu müssen. Durch verantwortungsvolle Forschung und mit Hilfe der Röntgencomputertomographie gehen die Wissenschaftler sorgfältig mit den Solnhofener Fossilien um. Aber man sollte ehrlich sein. Die Forschung mit dem Archaeopteryx im Synchrotron ist so exklusiv wie der Urvogel selbst, das wohl berühmteste Fossil der Erde.

Die Gemeinde Solnhofen sieht sich in ihrem Engagement bestätigt, und sieht dennoch das eigene Museum gefährdet. Grund hierfür ist die Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes, bei der nun auch Naturgüter in Form von Fossilien per se zu Kulturgütern definiert werden sollen. In ihrer Stellungnahme zum Regierungsentwurf des Kulturgutschutzgesetzes führen aktuell die Deutsche, Schweizer und Österreichische Paläontologische Gesellschaft das Museum Solnhofen mit seinem „PaläoZoo“ als besonders gefährdete Einrichtung an (Link). Die deutschsprachigen Wissenschaftler verweisen auch auf die hohe Zahl an privaten Leihgaben, ohne die das Konzept nie hätte verwirklicht werden können.

Grund genug, einige Gedanken zusammenzufassen, die sich der Urheber des Museumskonzepts für Solnhofen in den letzten zwei Jahrzehnten gemacht hat. Es darf ohne weiteres die Frage gestellt werden, zu welchem Zweck langjährig viel Energie und Schaffenskraft des Autors in eine neu konzipierte und dann umgesetzte Ausstellung geflossen ist, wenn nur ein Jahr nach Eröffnung dieser das Geschaffene in Frage gestellt wird. Natürlich steht hinter der großen Zahl an Leihgaben unter anderem eine sehr persönliche Einstellung, Wissenschaftlern/Wissenschaftlerinnen, Autodidakten, Sammlern und Händlern mit gleichem Respekt zu begegnen. All diese "leben die Paläontologie", und gerade führende Sammler bestechen durch ihr persönliches Bestreben, unsere kaum bekannte Naturwissenschaft auf internationaler Ebene zu beleben. Seit dem Jahr 1998 wurden in Solnhofen bis zum Eröffnungsjahr 2014 Sammler mit unterschiedlichsten Möglichkeiten schrittweise zusammengebracht. Mit Geduld und Toleranz ist es gelungen, auch namhafte Leihgeber ins Boot zu holen. Wissenschaftliche Direktion des Museums und Leihgeber vertreten in Bezug auf den PaläoZoo in Solnhofen die gleiche Einstellung: „Zeige die Fossilschätze aus den Solnhofener Plattenkalken und den Fossillagerstätten in der heimatlichen Steinbruchlandschaft des Naturparks Altmühltal“.

Hierbei stellt sich für manchen die Frage, ob Solnhofen der richtige Ort für ein solches Engagement sei, wenn das Personal doch eigentlich mehr eine Art staatlicher Aufgabe wahrnehme. Tatsächlich liegt Solnhofen mit seinen 1700 Einwohnern abseits der großen Verkehrswege inmitten einer Natur- und Steinbruchlandschaft. Geopolitisch ist Solnhofen aber ohne weiteres ein Hotspot der Paläontologie und eine der weltweit bedeutendsten Fossillagerstätten. Archaeopteryx macht es als wohl bekanntestes Fossil der Erde möglich. Geotouristisch ist der Ort ein internationales Drehkreuz mit etwa 30.000 Museumsbesuchern und Gästen aus über zwanzig Ländern in jedem Jahr. So klein der Ort erscheint, so groß ist sein internationales Renommee bei den Paläontologen. Der Autor hat sein Leben über fast zwei Jahrzehnte mit der Vorstellung verbunden, dass Solnhofen als einer der international bedeutendsten Fossilienorte eine Chance bekommen sollte, zusammen mit anderen bedeutenden Fossilfundstellen (wie bspw. Monte Bolca in Italien) einen Sonderstatus der UNESCO zu erlangen.

Keine Regierung der Welt schafft Großes, wenn sie in ihren Gesetzen Sammler maßregelt und bis ins Detail kontrolliert, die dort sammeln, wo das fossilführende Gestein entweder von der Natur selbst zerstört wird, oder wo Maschinen in Steinbrüchen die Fossilien unwiederbringlich zerstören. Großes schaffen Regierungen nur, wenn sie erkennen, dass 95 % aller schützenswerten Fossilien aus „Fossillagerstätten“ stammen. Hier geht es um Klasse statt Masse. Dafür ein Bewusstsein zu schaffen, bedarf einer Auszeichnung eben solcher Lokalitäten wie Solnhofen, Holzmaden und der Grube Messel, die international einen bedeutenden Ruf genießen. Die wünschenswerte Vernetzung von Solnhofen mit gleichrangigen Fundstellen in Italien, Nordamerika, der Mongolei, China und Brasilien auf UNESCO-Ebene zu erreichen, beschreibt einen guten Weg, um einen weltweiten Schutz bedeutender Fossillagerstätten zu erreichen.

Heute kann das Museum Solnhofen noch damit werben, dass es mit dem sechsten, neunten und elften Archaeopteryx gleich drei Ikonen ausstellt, die weltweite Bedeutung haben. Tritt aber das Kulturgutschutzgesetz in seiner schriftlich vorliegenden Fassung vom 4.11.2015 in Kraft, bekommt das Museum zusätzlich über 10.000 neue „nationale Kulturgüter“ hinzu, die bis dato noch gar nicht in einem Katalog gelistet sind. Tausende aufgeklaubter fossiler Muschelschalen und Schneckengehäuse bekämen womöglich einen ähnlichen staatlichen Schutz wie der Archaeopteryx. Und die Kosten für die Katalogisierung würden den wissenschaftlichen und monetären Wert des Materials um ein Vielfaches übersteigen. Darauf verweist auch die finanzschwache Gemeinde Solnhofen als Betriebsträgerin des Museums.

 

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Ausstellung "Biodiversität der Fische" - eine Impression aus der Fossilienausstellung im Bürgermeister-Müller-Museum. Foto: Gemeinde Solnhofen


Der „PaläoZoo“ entstand unter der Kulturhoheit des Freistaates Bayern

Die Fossilien waren in der alten Bundesrepublik Deutschland seit 1949 Ländersache - und sie sind es auch heute noch. Wer die Paläontologie im alten Westdeutschland kennt, weiß von der unterschiedlichen Handhabung in Bezug auf Fossilien in den einzelnen Bundesländern. Sie reichen u. a. von der sehr restriktiven westfälischen paläontologischen Bodendenkmalpflege zu einschränkenden Gesetzen in Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg bis hin zur wohl liberalsten Gesetzgebung im Freistaat Bayern. Nordrhein-Westfalen hat eine gesetzlich geregelte paläontologische Bodendenkmalpflege, besitzt aber keine einzige Fossillagerstätte von Weltruf. Bayern hingegen hat gar keine paläontologische Bodendenkmalpflege, aber dafür mit Solnhofen eine der berühmtesten Fossillagerstätten weltweit. Unterschiedlicher kann die Handhabung in einem Föderalismus nicht sein.

Solnhofen liegt in Bayern, Regierungsbezirk Mittelfranken. Die Grundlage für die Realisation des Projekts war folglich die bisherige Kulturhoheit des Freistaates Bayern, die nach der Bernkasteler Erklärung von 1949 geltendes Staatsrecht ist.

In der DDR wurde unseres Wissens zwischen „fossilen Rohstücken“ und „Fossilien“ unterschieden. Aus fossilen Rohstücken wurden durch vergegenständlichte Arbeit Fossilien als Kulturgüter. Die DDR hat also ihre Bürger und Bürgerinnen dazu angehalten, durch die Präparation Fossilien als Kulturgut zu schaffen, welches später die staatlichen Sammlungen mehren sollten. Prinzipiell wurde aus Naturgut durch das Einwirken des Menschen Kulturgut. Man kann dem Freistaat Bayern vorhalten, dass ihm eine paläontologische Bodendenkmalpflege zur Sicherung des Archaeopteryx und einiger weiterer Ikonen des evolutiven Wandels fehlt. Aber man muss auch neidlos anerkennen, dass der Freistaat Bayern sein kulturelles Erbe in ganz besonderer Art schützt, und zwar im Denkmalschutzgesetz.  

Das Bayerische Denkmalschutzgesetz ist bewusst auf opera Werk (etwas Geschaffenes) und nicht res (Sache) ausgerichtet. Demnach sind Denkmäler in Bayern materielle Zeugnisse des Handelns und Wirkens des Menschen. Ein Bodendenkmal kann also nur etwas sein, das von Menschenhand geschaffen oder bearbeitet wurde. Fossilien hingegen gelten als feste Bestandteile des Erdbodens. Sie sind Naturgüter. Im Falle der Solnhofener Plattenkalke sind die Fossilien fester Bestandteil der Ausbeutungsrechte der Natursteinindustrie. Gerade in den Solnhofener Plattenkalken wirkt die neue Gesetzgebung womöglich wie ein Damoklesschwert. Staatlicher Kulturgutschutz und Industrie könnten in der an Arbeitsplätzen strukturschwachen Region wie Solnhofen und Eichstätt in einen Interessen-Konflikt geraten. Solnhofen ist nicht nur mit dem Museum sowie Geotourismus und Hobbysteinbruch betroffen, sondern auch mit den Natursteinen fördernden und verarbeitenden Industriebetrieben. Daher bietet es sich an, die gesetzliche Metamorphose von Naturgütern zu Kulturgütern am Beispiel der Archaeopteryx-führenden Gesteinsschichten der Solnhofener Plattenkalke auf ihre Stichhaltigkeit und Anwendbarkeit zu überprüfen. Denn ein Urvogel ist wohl für jedermann verständlicherweise ein Fossil von wissenschaftlichem oder paläontologischem Wert, das staatlichen Schutz als besonders wertvolles Nationales Kulturgut genießen sollte. Auch dann, wenn das Fossil noch im Gesteinsverband eingeschlossen, und somit für den Menschen weder visuell noch haptisch erlebbar ist. Die Folge dürfte einsichtig sein. Final müsste zum Schutz des Archaeopteryx der industrielle Steinabbau gestoppt werden. Gleiches würde für alle anderen fossilführenden Gesteinsschichten gelten, durch deren Abbau Fossilien als Kulturgüter zerstört würden. Jedenfalls dann, wenn man mit der Einbindung von Millionen fossiler wirbelloser Meerestiere wie Ammoniten, Muscheln, Schnecken und Seeigel für eine ausufernde Kulturgutschwemme sorgen würde. Klar ist, dass der Autor in Solnhofen einen Schutz solch herausragender Fossilien wie dem Archaeopteryx deutlich mit vertritt – jedoch einer ausufernden Bürokratie, von der niemand so recht weiß, wie kostspielig sie denn tatsächlich wird, fragend und staunend gegenübersteht.

Unsere Kosten im Museumsbetrieb lassen sich nur halten, wenn nach wie vor unsere Fossiliensammler ihre Fossilien selbst finden, bergen, sichern, aufwendig präparieren, und in ihrer Freizeit auch die Sammlungszettel mit den erdgeschichtlichen Provenienzen angelegen. Ähnlich wie Gesamtwerke bildender Künstler tragen ihre Sammlungen und Präparationsarbeiten persönliche Handschriften. Solche Sammlungen sind individuelle Ergebnisse eines oft lebenslangen Schaffensprozesses. Besondere Sammlungen tragen auch die Namen ihrer Sammler. Engagierte Sammler melden sich als ehrenamtliche Grabungs- und Museumsmitarbeiter. Und durch die Verteilung von Doubletten auf Museen in der ganzen Welt haben Wissenschaftler überall ähnlich Studien- und Vergleichsmöglichkeiten.

 

Für den Staat gilt: Wer die Masse unter Schutz stellt, schafft keine Klasse

Herausragende Kultur- und Naturgüter bedürfen eines besonderen Schutzes. Die UNESCO-Konvention von 1970 und die EU-Richtlinie von 2014 enthalten klare Definitionen, die ein hohes Schutzniveau garantieren. Diese inhaltlich eins zu eins in bundesdeutsches Recht zu transferieren, würde auch dazu führen können, dass langfristig Solnhofen im Sinne einer UNESCO-Weltnaturerbe-Lokalität Anerkennung finden könnte. Wir in Solnhofen befördern den Schutz herausragender Fossilfunde unter anderem dadurch, dass wir sie unseren Menschen durch die Ausstellung der Originale in unserem Land zeigen.

 

 

Rückblende: Der lange Weg vom lokalen Bürgermeister-Müller-Museum zum Museum Solnhofen und dem PaläoZoo-Gedanken

 

Geschichtlicher Abriss
Das Bürgermeister Friedrich-Müller-Museum ist in Solnhofen als Sammlermuseum gegründet worden. Friedrich Müller wurde am 11. März 1912 in Solnhofen geboren. Im Jahre 1956 wurde er zum 1. Bürgermeister gewählt, und blieb zweiundzwanzig Jahre in diesem Amt. Bis dato einmalig, verknüpfte ein Solnhofener Bürger seine eigene politische Identität untrennbar mit dem Alleinstellungsmerkmal der Solnhofener Fossilien. Neben seiner großen Liebe, den „fliegenden Smaragden“, entwickelte Friedrich Müller ein Interesse insbesondere für die Fossilien aus seiner Heimat. Mit privaten Mitteln baute er sich in jahrzehntelanger Arbeit zu Hause eine private Solnhofener Fossiliensammlung auf und zeigte diese schon ab dem Jahre 1954 in einem eigenen Ausstellungsraum. Schon vorher wurden immer wieder Fossiliensammlungen aus den weltberühmten Plattenkalken vor Ort und in der Umgebung aufgebaut. Aber zum Schluss wurden all diese Sammlungen „zu Geld gemacht“. Vor diesem Hintergrund erscheint die Entscheidung von Friedrich Müller, seine Sammlung im Gegensatz zu vielen seiner Vorgänger nicht in die Ferne oder gar in das Ausland zu verkaufen, als Meilenstein in der Geschichte von Solnhofen, ja sogar der ganzen Region. Ein Solnhofener Sammler von Fossilien, der seine Kollektion zum Kulturgut in seinem Heimatort erhob. Friedrich Müller errichtete mit seiner Sammlung das Fundament für die Sicherung der weltbekannten Fossilschätze aus den Solnhofener Fossillagerstätten in seinem Heimatort.  Nach dem Ende der Ära Friedrich Müller nur die Tradition zu pflegen, hätte Stillstand und Rückschritt bedeutet. Mit diesem Bestreben wurde im Jahre 1998 der Autor als wissenschaftlicher Grabungsleiter der Ausgrabungen in den Brunner Plattenkalken (Lkrs. Regensburg) hinzugezogen. Er übernahm später die Funktion des fachlichen Museumsleiters von Alfred Schön. Mit dieser Entscheidung wurde an der Jahrtausendwende nicht nur die wissenschaftliche Betreuung des nationalen Kulturguts und der gesamten Sammlung gesichert, sondern auch eine wesentliche Voraussetzung dafür geschaffen, wertvolle Leihgaben zu erhalten. In den vergangenen fünfzehn Jahren haben die beiden Ersten Bürgermeister Gerhard Nürnberger und Manfred Schneider das Museum in der Bevölkerung schrittweise in eine neue Ära geführt, in der neben dem Namen des Gründers auch der Name des Ortes Solnhofen einen musealen Platz finden kann. Mit einer Erweiterung des Museumsnamens zum „Museum Solnhofen – Naturwissenschaftliche Sammlungen des Bürgermeister-Müller-Museums“ kommt neben dem Gründungsgedanken eines Sammlermuseums auch der Anspruch der Gemeinde Solnhofen zum Ausdruck, die Wertigkeit des Ortes zu thematisieren. Solnhofen ist nun einmal der weltweit bekannte Name der Steinregion.


Die internationale Begrifflichkeit von Solnhofen

Das mittelfränkische Solnhofen ist durch seinen Naturstein „Solnhofener Plattenkalk“ sowie durch die Lithographie und die Fossilien zu einer weltweit bekannten Lokalität geworden. Gegründet wurde Solnhofen vom Kasseler Mönch Sola; der Name bedeutete ursprünglich Solahusen, die Siedlung des Heiligen Sola. Das bekannteste Baudenkmal ist die karolingische Sola-Basilika. Hervorzuheben ist auch das Senefelder-Denkmal in der Ortsmitte. Der Begriff Geo-Lokalität Solnhofen beschreibt das Steinbruchgebiet der Solnhofener Plattenkalke auf der Jura-Hochfläche zwischen den mittelfränkischen Ortschaften Solnhofen, Langenaltheim und den oberbayerischen Orten Altendorf, Mörnsheim und Mühlheim. Der Begriff Solnhofer Platten ist eine Handelsbezeichnung der Natursteinindustrie für die nutzbaren Flinze der Lithographischen Plattenkalke bei Solnhofen und Eichstätt. Die Typuslokalität des Archaeopteryx ist die Langenaltheimer Haardt bei Solnhofen, Fundort des ersten Skelettexemplars (Londoner Exemplar) sowie von zwei weiteren Urvogelfunden. Der Solnhofer Bruch ist der Fundort der Feder (Holotyp des Archaeopteryx lithographica). Der alte Begriff der Solnhofener Schichten beschreibt eine Gesteinseinheit der alten Solnhofener Plattenkalke und der Begriff der Fossillagerstätten von Solnhofen subsumiert sämtliche Plattenkalk- und Fossillagerstätten von Langenaltheim im Westen bis nach Regensburg im Osten. Die Fundstätten liegen in den Regierungsbezirken Mittelfranken, Schwaben, Oberbayern, Niederbayern und der Oberpfalz.


Langzeitstudie „Museum Solnhofen“, die Basis des neuen „PaläoZoo“

Ein „Museum Solnhofen“ war aus wissenschaftlicher Sicht von 1998 bis 2012 zunächst Gegenstand einer Langzeitstudie, die dazu diente, die Bedeutung des Ortes Solnhofen für die Paläontologie in Bayern herauszuarbeiten. Im Einzelnen war die Studie in drei Phasen gegliedert: Mit der Einstellung des Museumsleiters siedelte im Jahre 1998 eine Gruppe von ostbayerischen Paläontologen mit nach Solnhofen um. Die Gruppe brachte ihr Projekt in Ostbayern, die „Dokumentation der Plattenkalke von Brunn" mit. Dazu gehörte auch die staatliche Sammlung der Fossilien von Brunn, die unter der Inventar-Nummer BSPG 1993 XVIII bei den Bayerischen Staatssammlungen für Paläontologie und Geologie in München geführt wird. Solnhofen präsentierte sich mit seinem Ersten Bürgermeister Gerhard Nürnberger als praktisch veranlagtes Dokumentationszentrum mit einem wissenschaftlichen Anspruch, der dazu diente, Originale aus den Solnhofener Fossillagerstätten in Solnhofen auszustellen.

Solnhofen erwies sich unter seiner Leitung als Museumsstandort, an dem Sammler und Autodidakten ihr Material für die Wissenschaftler zu Verfügung stellen konnten. Gerhard Nürnberger schuf die Grundlage für eine gute Zusammenarbeit mit der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie, die das staatliche Fossilmaterial von Brunn im Jahre 2002 am Solnhofener Museum hinterlegen ließ. Ab dem Jahr 2005 wurden verschiedenste Aspekte der Solnhofener Erd- und Lebensgeschichte in mehreren Ausstellungen thematisiert. Der Grundstein für die Aufwertung des Heimatmuseums zu einem regionalen Schwerpunktmuseum war gelegt.

In den Jahren der Erprobungsphase 2002 bis 2012 wurde darauf geachtet, die Themen der Solnhofener Geschichte, der Lithografie, der Region der "Steinreichen Fünf" und des Naturparks sowie der Thematik der Solnhofener Fossillagerstätten im Solnhofenarchipel zu widmen:

  • Sommer 2002: „Zehn Jahre Fossillagerstätte Brunn“: Die älteste Fossillagerstätte des jurazeitlichen Solnhofen-Archipels
  • Sommer 2003: Der Traum Solnhofen, neue Funde aus Painten (Sommer 2003)
  • Sommer 2004: Entdeckungen im Plattenkalk mit der Vorstellung des neuen 9. Exemplars des Urvogels Archaeopteryx der Familien Ottmann & Steil
  • Sommer 2004: Solnhofen auf den Punkt gebracht, Werkschau von Hans Peter Schöbel, Malerei zum Thema Lithografie, Reproduktionstechnik und Druck I
  • Sommer 2004: Impressionen aus den Jurasteinbrüchen; Werkschau von Hubert Klotzeck, Preith mit Fotoimpressionen aus den Steinbrüchen von Solnhofen und Eichstätt
  • Sommer 2004/2005: Schmetterlinge & Käfer: die Sammlung Friedrich Müller
  • Sommer 2005: Hans-Joachim Zeidler, Berliner Malerpoet; Vorstellung der Stiftung Zeidler an die Gemeinde Solnhofen, Ausstellung zum 70. Geburtstag des Künstlers
  • Sommer 2005: Im Reich der Urvögel und Meerengel, die große Sonderausstellung des Staatlichen Naturkundemuseums Stuttgart über die Fossilien aus den schwäbischen Plattenkalken von Nusplingen
  • Sommer 2006: 150 Millionen Jahre Geschichte Solnhofen: Solnhofener Plattenkalk, Lithografie und Solnhofener Fossillagerstätten
  • Sommer 2006: Hans-Joachim Zeidler, Lithographie Ausstellung „Der Mann im Mond“
  • Sommer 2007: Malerei der letzten zehn Jahre, Werkschau von Hans Peter Schöbel, Schutterwald zur Lithografie, Reproduktionstechnik und Druckverfahren II
  • Sommer 2007: Fossilien sammeln im Naturpark Altmühltal, die Jahresausstellung für Familien und Fossiliensammler
  • Sommer 2008: Hommage an Friedrich Müller: Schmetterlinge, Käfer und Fossilien
  • Sommer 2008: Die STEINreichen5
  • Sommer 2008: Hans-Joachim Zeidler und das Spiel am Meer
  • Sommer 2009: Der Fossiliensammler
  • Sommer 2010: Solnhofen, das Original: Die Facetten des Solnhofener Gemeindenamens in der der Wissenschaft
  • Sommer 2011: Fossilschätze aus Brasilien, das brasilianische Solnhofen
  • Winter 2010/2011: Lithografien von A.P. Weber, die neue Sammlung des Museums
  • Sommer 2012: „Zehn Jahre Fossillagerstätte Brunn“: Die Geburt des Solnhofenarchipels

 

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Raubdinosaurier Sciurumimus aus Painten - eine private Leihgabe, ausgestellt im Museum Solnhofen. Foto: Gemeinde Solnhofen

 

Regionales Schwerpunktmuseum in Mittelfranken seit 2012

Die Gemeinde schaffte es aus dem heimatlich orientierten Museum ein anerkanntes „Regionales Schwerpunktmuseum in Westmittelfranken“ zu machen. Damit stieg die Einrichtung um zwei Kategorien auf. Sie steht heute auf einer Stufe mit dem Markgrafen Museum in Ansbach, dem Römerkastell Biriciana in Weißenburg, dem Reichsstadtmuseum in Bad Windsheim sowie weiterer bedeutender Kulturstätten in Mittelfranken. Als Dokumentationszentrum widmet sich das Museum in erster Linie der Bedeutung von Solnhofen, dem Naturstein Solnhofener Plattenkalk, der Lithographie sowie den Fossillagerstätten des jurazeitlichen Solnhofenarchipels. Das sechste Exemplar des Urvogels Archaeopteryx ist in die Liste der national wertvollen Kulturgüter eingetragen. Des Weiteren haben die Familien der Erbengemeinschaft Kurt Ottmann und Steil dafür Sorge getragen, dass das neunte Exemplar des Urvogels Archaeopteryx seine Heimat im Solnhofener Gemeindemuseum findet. Im Jahr 2011 ist mit dem vollständigsten Raubdinosaurier aus den Kieselplattenkalken der Solnhofener Fossillagerstätte Painten II ein zweites Fossil in das Museum gekommen, das in das Verzeichnis national wertvollen Kulturguts eingetragen ist. Der Fundus an Ausstellungsexponaten, der dem Museumsbetreiber zur Verfügung steht, umfasst eine ganze Reihe spektakulärer, neuer Holotypen (Urstücke neu entdeckter Fossilarten), eine Vielfalt von wissenschaftlichen Originalen, sowie Exponate, die in Fossilienbüchern und geologischen Führern abgebildet sind. Zum Ausstellungsfundus gehören über 30 Saurierexponate, darunter Schildkröten (6 Exemplare), Landkrokodil (1 Exemplar), Meereskrokodil (1), Ichthyosaurier (2 Exemplare), Pleurosaurier (3), Landsaurier / Echsen (7), Eidechsen (1), Langschwanzflugsaurier (5), Kurzschwanzflugsaurier (4), Dinosaurier / Theropoden / Urvögel (3). Die wissenschaftlich betreuten Sammlungen umfassen die Sammlung des Museumsgründers, Leihgaben der Bayerischen Staatssammlungen sowie private Leihexponate. Etwa 80 % aller spektakulären Ausstellungsexponate waren zu diesem Zeitpunkt neu.
Dieses Potential führt zurück an den Anfang des Artikels:

 

Seit dem Jahr 2014 sind die Ergebnisse in dem neuen PaläoZoo zu sehen. Tiere, die sich zu Lebzeiten im erdgeschichtlichen Solnhofen begegnet sind, begegnen uns heute nebeneinander in ihren fossilen Lebensräumen. Diesen Zoo aus der Zeit der Dinosaurier und Urvögel für die Menschen in unserem Lande zu erhalten, dafür wirbt der Autor des vorliegenden Artikels.

 

www.museum-solnhofen.de

 

Martin Röper