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Geologische Erkundungen auf Fuerteventura, 3. Teil: Fossile Strandlinie südlich Playa la Guirra

Mit einer Fläche von über 1700 km² ist Fuerteventura die zweitgrößte Kanareninsel. Fuerteventura gehört neben Gomera und La Palma zu den ältesten Inseln des kanarischen Archipels. Namhafte Geologen, darunter HARTUNG (1857), FRITSCH (1867), HAUSEN (1958), FUSTER (1965) und ROTHE (1967) haben die Insel geologisch untersucht und beschrieben. Fossilführende Sedimente haben auch das Interesse von Paläontologen auf sich gezogen. Heute, liebe Leser, möchte Ich Sie zu einer fossilen Strandlinie, etwa 0 – 1 Meter über dem heutigen Meeresspiegel führen, die reichlich fossile Schnecken und andere marine Tiere aufweist. Schon unsere Anfahrt nach Playa la Guirra wird durch zahlreiche touristische Attraktionen und wunderschöne Landschaften zu einem besonderen Erlebnis.

 

Fuerteventuras Westkueste

Abb. 1: Landschaft an der Westküste Fuerteventuras.

 

Fuerteventura2

Abb. 2: Die traditionelle Architektur fügt sich ins Landschaftsbild ein.

 

Exkursionsroute/Anfahrt

Als Ausgangsort für die Exkursion habe ich, wie im 1. Teil dieser Reihe, wieder den Ferienort Costa Calma ausgewählt. Zunächst bewegen wir uns von Costa Calma auf der Straße FV-2 in Richtung der Inselhauptstadt Puerto del Rosario. Durch Erosion sanft gerundete Vulkanberge begleiten und auf der ersten Teilstrecke, bis wir die pleistozänen Lavafelder Malpais Grande und Malpais Chico (Malpais = schlechtes Land) erreichen. Dunkle, scharfkantige Lavafelder und Vulkankrater prägen hier die Landschaft. Bunte Flechten wie z. B. die Ramalina (grün, blättrig) und die Xanthoria (orange-rot, radialstrahlig) bilden auf sonst dunklen Lavaschollen schöne Farbtupfer. Wer sich auf die Spuren der Ureinwohner begeben möchte, sollte unbedingt einen Abstecher zum „Poblado de La Atalayita“ einplanen. Um die prähistorische Siedlung La Atalaya zu erreichen, biegen wir rechterhand in ein Tal auf die FV-420 in Richtung Pozo Negro ab. Das in West-Ost-Richtung verlaufende Tal ist mit einem großen Lavafeld, dem Malpais Grande, bedeckt. Nach wenigen 100 Metern biegen wir rechts auf einen gut befahrbaren Feldweg ab und folgen diesem bis zum „Centro de Interpretación“, wo wir einen großen Parkplatz vorfinden. Hier können die historischen, primitiven Behausungen der ersten Bewohner Fuerteventuras, den sogenannten Mahos, besichtigt werden.

 

Centro

Abb. 3: "Centro de Interpretación" mit historischen Behausungen der Mahos.

 

Behausung der Mahos

Abb. 4: Eingang zu einer Behausung der Mahos.

 

Setzen wir unsere Reise auf der FV-2 fort, so erreichen wir schon bald eine weitere touristische Attraktion, das Museo de la Sal (Salzmuseum). Mit Hilfe von EU-Fördergeldern konnte die Inselregierung die Salinen restaurieren und so stellen diese heute ein sehenswertes touristisches Ziel dar. Im Freigelände sowie im Museum bekommt der Besucher einen Einblick in die Methodik der Salzgewinnung und der Verwendung des Salzes. In den Monaten März bis Oktober können wir den Arbeitern bei der „Salzernte“ zuschauen. Auch die Architektur der aus Lavagestein errichteten Verdunstungsbecken ist äußerst sehenswert.

 

Salinen

Abb. 5: Die Salinen beim "Museo de la Sal".

 

Weiter auf der FV-2 erreichen wir nach wenigen Kilometern Playa la Guirra, womit wir auch schon am Ziel unserer Reise angekommen sind. Hier können wir unseren Wagen parken und wandern in südlicher Richtung zur Küste. Nach wenigen 100 Metern können wir an der Küste bereits die ersten fossilreichen Sedimentschichten sehen.

 

La Guirra - ein fossilreicher Küstenstreifen

Südlich von Playa la Guirra, in Richtung der Salinen, sind sehr fossilreiche Schichten im Küstenbereich aufgeschlossen. In den leicht verfestigten Karbonat-Sedimenten, dem so genannten „Beach Rock“, sind zahlreiche Fossilien enthalten. Die anstehenden Sedimente bestehen aus den Karbonaten von Tierskeletten, wie fossilen Rotalgen, Foraminiferen, Seeigeln, Muscheln, Schnecken und anderen Meerestieren. Ein beachtlicher Anteil an dunklen Lavasanden färbt die Sedimente dunkel. Die Sedimente fallen zum Meer hin ab und bedecken enorme Flächen des beschriebenen Küstenstreifens. Viele der hier vorkommenden Fossilien werden durch natürliche Erosion freigelegt und können ohne Werkzeugeinsatz einfach aufgelesen werden. Die uns vorliegenden Fossilien belegen eine typische Küstenfauna. Die hier vorkommenden Gastropoden (Schnecken) lebten an einer felsreichen Küste mit gerundetem Lavagestein und kleineren Sandflächen. Die anstehenden fossilreichen Sedimente sind mit einem Alter von 5000 Jahren (Holozän) relativ jung. Die zahlreichen Felstümpel im Lavagestein waren ein hervorragender Lebensraum für Napfschnecken. Die Napfschnecken der Familie Patellidae mit ihren robusten Gehäusen sind daher sehr reichlich und in gutem Erhaltungszustand überliefert. Napfschnecken sitzen am Tag fest an einem Platz und weiden erst nachts die an den Felsen im Gezeitenbereich lebenden Algen ab. Auch heute sind Napfschnecken eine weit verbreitete Schneckenart.

 

Napfschnecken im QuerschnittPlaya la Guirra

Abb. 6: Napfschnecken im Querschnitt.

 

Napfschnecken im Aufschluss Playa la Guirra

Abb. 7: Napfschnecken im Aufschluss Playa la Guirra.

 

Eine weitere sehr schöne Schneckenart ist der Würfelturban. Häufig ist der Würfelturban der Familie Trochidae mit intensiver Farberhaltung in den fossilen Sedimenten überliefert. Die Gehäuse sind sehr robust und schwer. Sie erreichen Größen von 2,5 cm bis 3 cm und sind durch ihre schwarzen bis rotbraunen Flecken, die in Spiralreihen angeordnet sind, leicht zu bestimmen. Algenbewachsene Exemplare lassen sich leicht unter fließendem Wasser mit einer weichen Handbürste reinigen. Nicht selten begegnen wir auch den dickwandigen, schweren Gehäusen der Rotmund-Leistenschnecke. Die Rotmund-Leistenschnecke der Familie Muricidae ist durch die Art Thais haemastoma (siehe Abb. 8) vertreten. Häufig sind juvenile Exemplare mit einer Größe von 3 cm bis 4 cm, aber es kommen auch ausgewachsene Exemplare mit bis zu 8 cm Größe vor.

 

Thais haemastoma

Abb. 8: Thais haemastoma, Playa la Guirra.

 

Wuerfelturban

Abb. 9: Würfelturban.

 

Das Aufsammeln von Fossilien bereitet große Freude und ist für jung und alt sehr lehr- und erlebnisreich.

 

Damit die Natur nicht geschädigt wird, nehmen Sie bitte allen Abfall, leere Getränkedosen, Plastiktüten usw. wieder mit, denn gerade wir, die Naturinteressierten, sind besonders dazu verpflichtet diese wunderschöne Küstenlandschaft zu schützen. Grabungen mit Werkzeugen (Geologenhammer, Schaufel e.t.c.) sollten unbedingt unterlassen werden und sind auch nicht nötig um fündig zu werden, da die Fossilien auch ohne schweres Werkzeug zu finden sind.

 

Nach unserer erdkundlichen Wanderung in die Vergangenheit bietet es sich an, den nahen Ferienort Caleta de Fuste zu besuchen. Dieses Fremdenverkehrszentrum mit seinen zahlreichen Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten lädt zum Verweilen ein. Der Besuch des Festungsturms aus dem 18. Jahrhundert am Yachthafen rundet einen Besuch des Ortes ab. Auch der kleine Ferienort Playa la Guirra, in dem wir unseren Wagen geparkt haben, hat einiges zu bieten. Hinter dem Centro Comercial Atlantico z. B. befindet sich ein Komplex mit mehreren konischen Kalkbrennöfen, die die ehemalige Industriekultur belegen.

 

Text und Fotos: Frank Wenzel

 

 

Links zu den zuvor und später erschienenen Teilen der Serie:

Geologische Erkundungen auf Fuerteventura, 1. Teil: die Fossilien von Majanicho

Geologische Erkundungen auf Fuerteventura, 2. Teil: Kalk, ein ehemals wichtiger mineralischer Rohstoff auf Fuerteventura

Geologische Erkundungen auf Fuerteventura, 4. Teil: Fossile Landschnecken südlich von Carralejo