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Geologische Erkundungen auf Fuerteventura, 2. Teil: Kalk, ein ehemals wichtiger mineralischer Rohstoff auf Fuerteventura

Fuerteventura Windmuehlen

Abb. 1: Auf unseren Exkursionen begegnen wir nicht selten solch traumhaftschönen Landschaften und Gebäuden, wie diesen Windmühlen.

 

Heute, liebe Leser, möchte ich Sie an traumhaft schöne Orte, Buchten und Strände Fuerteventuras führen, wo der begehrte Kalk für die Branntkalkherstellung gewonnen und weiterverarbeitet wurde. Dank lokaler Initiativen zur Restaurierung der ehemaligen Kalköfen auf Fuerteventura wird eine einst sehr wichtige Industriekultur wieder lebendig und zu einem touristischen Ziel. Schon unsere Vorfahren verstanden es, Kalk aus Kalkstein zu brennen und für die unterschiedlichsten Zwecke nutzbar zu machen.

Schon die Römer und Germanen beherrschten die Technik der Herstellung von Kalkmörtel und Kalktünche durch Brennen der Kalkgesteine. Die ältesten bislang bekannten Zeugnisse der Kalkbrennerei jedoch stammen aus einem Bergtempel in Anatolien und sind rund 11.000 Jahre alt. Die Blütezeit der Kalkbrennerei auf Fuerteventura war von 1930 bis in die siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Neben dem Eigenbedarf an Produkten für das Bauwesen wurde der gebrannte Kalk auch auf benachbarte Inseln wie Teneriffa, Gran Canaria und La Palma exportiert und garantierte vielen Arbeitern auf Fuerteventura über Jahrzehnte hinweg einen sicheren Arbeitsplatz.

Nun wird man sich fragen; Kalkgesteine auf Fuerteventura? Sind die Kanaren nicht vulkanischen Ursprungs? Die kanarischen Inseln sind in der Tat vulkanischen Ursprungs und dennoch haben sich auf der ältesten kanarischen Vulkaninsel Fuerteventura zahlreiche Meeressedimente gebildet, die auch weithin sichtbar und leicht lokalisierbar sind. Auf keiner der übrigen Kanareninseln haben Meeresedimente eine derartige geologische Bedeutung wie auf Fuerteventura. Zu nennen sind die großen Dünenlandschaften auf der Halbinsel Jandia und die weltweit bekannten Dünen und Traumstrände südöstlich von Carralejo, die nicht selten den Verkehr durch Sandverwehungen behindern können. Die Komponenten dieser Sande sind fossile Rotalgen, Foraminiferen, Seeigel, Muscheln, Schnecken und andere Schalen und Skelette von Meerestieren. Auch der westliche Küstenstreifen Fuerteventuras besitzt sehr große Sedimentvorkommen in Form von meterstarken Kalkbänken, die den Abbau zur Kalkgewinnung lohnenswert machten. Die ältesten Vulkanischen Gesteine der Insel sind nahezu komplett mit Kalkkrusten in creme- bis hellrötlicher Farbe überzogen und bestimmen das Landschaftsbild Fuerteventuras. Jüngere Vulkane und deren Lavaströme (Malpais) sind nicht mit Kalkkrusten bedeckt und können bewundert werden.

 

Kalkformation Fuerteventura

Abb. 2: Bizarre durch Wind und Wetter geformte Kalkformation auf Fuerteventura.

 

Was sind Kalkgesteine?

Kalkstein ist ein Sedimentgestein, das hauptsächlich aus den Mineralien Calcit und/oder Aragonit besteht.DerCalcit ist farblos, weiß oder durch Fremdeinflüsse gefärbt. Calcit besitzt eine Mohshärte von 3 und eine Dichte von 2,6 bis 2,8. Ein sicheres Bestimmungsmerkmal von Calcit ist das Aufbrausen beim Beträufeln mit verdünnter Salzsäure. Auch Aragonit kann am Aufbau von Kalkgestein beteiligt sein.Aragonit ist ebenfalls eine Modifikation von Calciumcarbonat. Aragonit besitzt eine Härte von 3,5 bis 4 und eine Dichte von 2,9 bis 3.Kalkgesteine bilden sich entweder direkt durch chemische Ausfällung oder biogen, d. h. aus den kalkigen Schalen und Skeletten von Muscheln, Seeigeln, Schnecken, Korallen, Schwämmen, Foraminiferen, Armfüßern oder Algen.

 

Exkursionspunkte

 

Ajuy: Im Parque Natural de Betancuria an der Westküste Fuerteventuras befindet sich das kleine Fischerdorf Ajuy, wo wir am Strand einen neu restaurierten Kalkofen sehen können. Nördlich davon können wir die von Wind und Wasser wunderschön geformten Kalksedimente bei einem Spaziergang bewundern und werden auch einige fossile Landschnecken in den Kalken entdecken können. Setzen wir unseren Spaziergang in nördlicher Richtung fort, so kommen wir schon bald zu zwei weiteren großen im Kalkfels eingebauten Kalkbrennöfen sowie einem ehemaligen Abbaugebiet. Hier ist auch ein Mirador (Aussichtsplattform) angelegt, von wo aus man einen wunderschönen Ausblick auf das Meer hat. Gehen wir weiter in nördlicher Richtung, so erreichen wir zwei parallel verlaufende Grotten, die über eine im Fels eingelassene Treppe erreichbar sind.

 

Fossilreiche Kalkbaenke bei Ajuy

Abb. 3: Fossilreiche Kalkbänke (z.T. mit fossilen Landschnecken) bei Ajuy.

 

Puerto del Rosario: Die Inselmetropole Puerto del Rosario ist die heutige Hauptstadt von Fuerteventura und liegt an der Ostküste. Zahlreiche Geschäfte laden hier zum Bummeln ein. An der südlichen Uferpromenade sind zwei alte Kalkbrennöfen restauriert worden die einen Besuch wert sind. Eine aufgestellte Informationstafel (Texte in spanisch, englisch und deutsch) runden den informativen Besuch ab. Die ehemaligen Vorkommen von Kalkgesteinen dürften im heutigen Stadtgebiet liegen und sind somit nicht mehr sichtbar.

 

Playa la Guirra: Playa la Guirra liegt ungefähr 8 Kilometer südlich vom Flughafen an der Ostküste. An der Strandpromenade hinter dem Centro Comercial Atlantico befindet sich ein Komplex mit mehreren konischen Kalkbrennöfen, die sich sehr harmonisch an die Umgebung anpassen. Trotz Fluglärm ist der Besuch der Kalkbrennöfen sehr lohnenswert und ein anschließender Spaziergang in nördlicher Richtung zu den neu geschaffenen Meerwasserbecken ist ein Genuss und man vergisst schnell den Fluglärm. Am südlichen Ende des Flughafens steht ebenfalls ein restaurierter Kalkbrennofen direkt an der FV – 2.

 

Kalkoefen an der Playa la Guirra

Abb. 4: Kalköfen an der Playa la Guirra.

 

El Cotillo: Ein wahres Paradies ist die Küste bei El Cotillo. Im fjordähnlichen alten Fischerhafen befinden sich auch drei sehr schön restaurierte Kalköfen. Der Kalk wurde in und um den Ort abgebaut. Die ehemaligen Abbaugebiete lassen sich leicht im Gelände lokalisieren. Hier im alten Hafen wurden auch die Erzeugnisse der Kalkbrennerei für den Export verschifft. Nur wenige 100 Meter südlich des Hafens befindet sich die Bastion Castillo de Toston, welche 1740 erbaut wurde. Weiter in südlicher Richtung stoßen wir bei unseren Erkundungen auch auf pleistozäne marine Fossilien wie Bivalven (Muscheln) und Gastropoden (Schnecken).

 

La Solapa Garcey: Ein interessanter ruinöser Kalkofen befindet sich auf dem Weg zu den Stränden Solapa und Garcey im Westen der Insel. Der Kalkofen wurde aus Kalkgesteinen errichtet und im näheren Umkreis des Ofens können zahlreiche schwarze Kalkschlacken (Schmelzereste) entdeckt werden. Bei einem Spaziergang zum Strand durch den Barranco de la Solapa können zahlreiche rezente und fossile Landschnecken gefunden werden. Am Strand angekommen, fallen uns sofort die wunderschönen Felsformationen (Konglomerate) sowie der glitzernde schwarze Sand auf.

 

Ruine Kalkofen La Solapa Garcey

Abb. 5: Ruine eines Kalkofens bei La Solapa Garcey.

 

 

Kalkschlacken La Solapa Garcey

Abb. 6: Kalkschlacke in der Nähe der Ruine des Kalkofens bei La Solapa Garcey.

 

Unsere Erkundungen finden in der freien Natur statt und gerade deshalb sind wir als Naturliebhaber besonders dazu verpflichtet diese Natur zu schützen. Nehmen Sie Abfall, leere Getränkedosen, Plastiktüten etc. wieder mit!

 

Kalkbrennen - Ein kurzer chemischer Exkurs

Bei Temperaturen zwischen 900°C und 1200°C wird Kalkstein (Calciumkarbonat CaCO3) in gasförmiges Kohlendioxid (CO2) und festes Calciumoxid (CaO = Branntkalk) zerlegt. Beim Kalkbrennen werden rohe, vom Steinbruch kommende Kalksteine auf Temperaturen von 900-1200°C erhitzt. Bei diesem Vorgang entweicht Kohlenstoffdioxid, wobei Calciumoxid (CaO) entsteht: CaCO3 -----> CaO + CO2. Man erhält einen weißlichen, porösen Stoff (Calciumoxid), der leicht zerbröckelt werden kann. Gibt man zu dem gebrannten Kalk portionsweise Wasser, erhält man gelöschten Kalk (Calciumhydroxid). Bei diesem Vorgang, der auch als „Kalklöschen“ bezeichnet wird, entsteht Hitze, die so groß werden kann, dass die Lösung zu sieden beginnt. Als Produkt erhält man ein weißes, lockeres Pulver: CaO + H2O -----> Ca(OH)2. Gibt man Wasser im Überschuss und die dreifache Menge an Sand dazu, erhält man Kalkbrei, der als Mörtel geeignet ist. Beim Abbinden reagiert der Kalkbrei mit dem Kohlenstoffdioxid der Luft und bildet wieder kristallinen, harten Kalk: Ca(OH)2 + CO2 -----> CaCO3 + H2O.

 

Text und Fotos: Frank Wenzel

 

Links zu den zuvor und später erschienenen Teilen der Serie:

Geologische Erkundungen auf Fuerteventura, 1. Teil: die Fossilien von Majanicho

Geologische Erkundungen auf Fuerteventura, 3. Teil: Fossile Strandlinie südlich Playa la Guirra

Geologische Erkundungen auf Fuerteventura, 4. Teil: Fossile Landschnecken südlich von Carralejo