Nordrhein-Westfalen

Weltuntergang im Brohltal

Vulkanologische Wanderungen zwischen Brohltal und Laacher See

von Sven von Loga

Die Geologie des Untergrundes prägt die Landschaft der Eifel und somit auch Wanderungen und Wanderrouten. Dieser Artikel ist der Beginn einer mehrteiligen Reihe über die Geologie der Eifel verbunden mit Wandervorschlägen zu interessanten Stellen, an denen das Gelesene live betrachtet werden kann.

Der jüngste Teil der Eifler Erdgeschichte ist zugleich der dramatischste: der Ausbruch des Laacher See-Vulkans. Eine gigantische Eruption veränderte vor knapp 12.000 Jahren die Landschaft großräumig und beeinflußte jegliches Leben im Umkreis. Mehrere Dutzend gigantischer Ausbrüche mit Eruptionssäulen von 30-40 km Höhe waren erheblich stärker als der Ausbruch des Mount St.Helens, feine Aschen wurden viele hundert km weit verfrachtet, man findet sie in Mecklenburg, auf Rügen, auf Gotland, bei Genf und in Norditalien. Vulkanologen haben errechnet, das über 16 km3 Lava und Asche gefördert wurde, Glutwolkenablagerungen füllten das Brohltal und die Nebentäler mit bis zu 60 m mächtigen Ablagerungen. Geologisch gesehen sind 12.000 Jahre kein nennenswerter Zeitraum, der Vulkanismus in der Eifel gilt noch als aktiv. Es kann wieder zu Ausbrüchen kommen, sei es in Jahrhunderten oder in Jahrtausenden.

Weite Regionen der Eifel sind vom Vulkanismus geprägt, hunderte Vulkane, die in der jüngeren Erdgeschichte in den vergangenen 700.000 Jahren ausbrachen, sind dokumentiert.
240 Eruptionszentren gibt es in der Westeifel um Gerolstein, 60 Eruptionszentren in der Osteifel rund um den Laacher See.
Es gibt – grob skizziert – 3 Vulkantypen in der Eifel : Schlackenkegel, Maare und Calderen

Schlackenkegel
Die häufigsten Vulkane auf der Erde, sie bilden sich kurzfristig innerhalb weniger Wochen. In einer unterirdischen Magmenkammer versucht Gas aus dem Magma zu entweichen. Irgendwann wird der Gasdruck so groß, dass die Erdkruste über der Magmenkammer aufreißt, durch die Druckentlastung schießt das Magma mit dem Gas explosionsartig durch den Schlot ins Freie, Magmafetzen werden hinausgeschleudert und erstarren an der Luft, fallen als Schlacke bzw. als Asche rund um den Schlot nieder und bilden einen Schlackenkegel. Kleine Teilchen bezeichnet man als „Lapilli“, sehr große als „Bomben“.

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Basaltklotz als Rest eines Lavastroms am Laacher-See-Ostufer


Das Magma ist nun entgast und durch den Schlot steigt gasarmes Magma zur Erdoberfläche auf, das dann langsam und ruhig aus dem Krater ausfließt, es bildet sich ein Lavastrom.
Von 45 Schlackenkegeln in der Osteifel lieferten 40 Lavaströme, meist weniger als 2 km lang, die sich oft an die Morphologie der Landschaft anpassten und Täler füllten. Die basaltische Lava bildete bei der Abkühlung die typischen Basaltsäulen, bedingt durch unterschiedliche Abkühlung der glutflüssigen Lava sind diese Säulen in den unteren Bereichen des Lavastroms dick, in den oberen Bereichen klein und dünn. Die typische Säulenbildung erfolgt durch Risse, die sich senkrecht zur Ebene maximaler Zugspannung bilden.

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Der Veitskopf bei Wassenach - ein typischer Schlackenkegel


Auf der A 61 von Köln nach Koblenz durchfährt man bei der Ausfahrt Niederzissen nördlich der Brohltalbrücke den Lavastrom des Bausenberg-Vulkanes.

Maar
Magma steigt aus der Erdinnern auf und erreicht den Grundwasserspiegel. Beim Kontakt von Magma mit Wasser kommt es zur Explosion, Magma und überliegendes Gestein werden hinausgeschleudert. Im Bereich des Explosionsherdes entsteht ein Hohlraum, der aber stürzt ein und es bildet sich ein trichterförmiger Einsturzkrater, in den die herausgeschleuderten Tuffmassen wieder hineinfallen. Der teils mit Tuff gefüllte Einsturzkrater füllt sich mit Wasser, ein Maar ist entstanden.

Caldera
(Laacher See, Riedener Kessel, Wehrer Kessel)
Der Laacher See ist so gesehen kein Vulkankrater, sondern eine riesige Einsturzcaldera. Nach der Förderung des Magmas in einer oft gasreichen Eruption (also nach dem Ausbruch des Vulkans) war die unterirdische Magmenkammer teils oder ganz entleert, das Deckgebirge brach kesselförmig ein. Das umgebende Gebiet ist mit pyroklastischem Material bedeckt (hier : Bims), während der Eruption treten pyroklastische Ströme aus (aschehaltige Glutwolken) und fließen bodennah vor allem durch Täler. Pyroklastika nennt man alle körnigen vulkanischen Produkte, vom Staub bis hin zur vulkanischen Bombe.

Eine lange, wunderschöne Wanderung führt zu verschiedenen vulkanischen Stellen, an denen sich interessante Eindrücke vom Ausbruch des Laacher-See-Vulkans gewinnen lassen.
Es ist keine exakt beschriebene Wanderroute, sondern man sollte die Eifelvereinskarte 10 – Brohltal (erhältlich im Landkartenhaus Gleumes in Köln) vor sich haben, um ggf. einen passenden Teilabschnitt zu wählen, die Wanderung zwischen Wassenach und dem Laacher See zu verlängern oder auch Abkürzungen auszuarbeiten.

Start ist der ehemalige Gasthof „Jägerheim“ im Brohltal zwischen Brohl-Lützing und Burgbrohl. Auf der dem „Jägerheim“ gegenüber liegenden Straßenseite startet direkt der geologische Wanderweg „U“, es geht steil den Berg hinauf und man erreicht oben einen Aussichtspunkt mit einer Bank, an dem man kurz rasten sollte, der Ausblick ist wunderbar. Vor allem der Blick auf den Esienbahntunnel ist faszinierend, denn all das überlagernde Gestein ist Trass, die Eisenbahn fährt durch die Ablagerungen des Laacher-See-Vulkans. Glutwolken quollen aus dem Schlot und ergossen sich durch das Tal und füllten es auf, man gewinnt einen Eindruck, wie mächtig diese Ablagerungen waren und das damals wohl kein Leben übrig blieb.
 
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Ein Eisenbahntunnel - der Tunnel des Vulkanexpress im Brohltal beim "Jägerheim". Zwar eine historische Eisenbahnstrecke, aber sie gibt dennoch einen Eindruck, wie mächtig die Ablagerungen des Laacher-See-Vulkans sind. Das gesamte Gestein, durch das der Tunnel führt, der gesamte Berg, das sind Ablagerungen des Laaacher-See-Vulkans im Brohltal.


Wir folgen dem ausgeschilderten Geo-Wanderweg „U“, der nach einiger Zeit wieder ins Tal hinunter führt. Auf dem Abstieg lässt sich beobachten, wie der helle Trass auf braunen devonischen Sandsteinen liegt, dem Grundgebirge, das die gesamte Eifel bildet und vor etwa 380 Millionen Jahren abgelagert wurde. Ziemlich genau erkennt man sowohl hier wie auch auf dem nachfolgenden Weg durch das Tönissteiner Tal, wie die Lava des Laacher-See-Vulkans das Tal bis oben hin ausfüllte, wie mächtig die vulkanischen Ablagerungen sind und wie der Bach sich wieder in die Lava eingegraben hat.
Im Tal – nach Überquerung der Straße – halten wir uns vor der ehemaligen Kurklinik links und gehen am „Kurfürstenbrunnen“ vorbei, einer echten Mineralquelle, an der man früher unbesorgt seinen Durst stillen konnte. Heute iost das schöne Brunnengebäude einsturzgefährdet und abgesperrt.
Der Wanderweg geht in Richtung Wolfsschlucht, aber direkt hinter der Kurklinik achten Sie bitte im Bachbett links auf die anstehenden devonischen Sandsteine, die im Bachbett scharfkantige Stufen bilden. Vergleichen Sie das später mit dem Bachbett in der Wolfsschlucht, besonders gut sichtbar ist es auf dem Stück vor dem Wasserfall, der Bach wäscht aus dem Trass ein Bachbett ohne Stufen mit weichen wohlgerundeten Formen heraus. Ein gutes Beispiel zum Thema Morphologie : die Entwicklung der Landschaft ist sehr stark von den Gesteinen des Untergrundes abhängig.

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Der Tönissteiner Bach in der Wolfsschlucht im Tönissteiner Tal


Zuvor aber, wenn Sie im Bachbett links die devonischen Gesteine anschauen, achten Sie rechts am Hang auf den Trass ! Hier genau liegt die Lava des Laacher-See-Vulkans auf der ursprünglichen Landoberfläche, stellen Sie sich einmal vor, wie die Landschaft vor dem Vulkanausbruch ausgesehen hat und welches Gesicht die vielleicht überlebenden Ureinwohner gemacht haben müssen, wenn sie nach dem Ausbruch wieder nach Hause wollten und ihr tiefes Tal suchten ?

Etwas später auf dem Weg lädt der Römerbrunnen mit seinen Bänken zur Rast ein. Munter sprudeln Gasblasen im Wasser empor ... ebenfalls ein vulkanisches Phänomen. Magma erkaltet im Untergrund in einigen km Tiefe und gibt in der letzten Phase seiner Erstarrung CO2-Gas ab, welches durch Spalten und Klüfte im Gestein zur Erdoberfläche strebt. Kurz vor der Erdoberfläche durchströmt es das Grundwasser, löst sich darin, es entsteht Kohlensäure (H2CO3). Kommt dieses kohlensäurehaltige Wasser als Quelle an die Erdoberfläche, so entweicht durch die Druckentlastung das gelöste CO2 wieder : Blasen steigen auf.

Wer mag, kann von hier aus eine 15 km lange Runde um den Laacher See anhängen – oder diese Tour gelegentlich separat gehen. Allerdings sollte man eine Wanderung um den Laacher See nur an Wochentagen machen, dann sind dort kaum Wanderer unterwegs und man kann mit Muße die wirklich schönen Ausblicke genießen. An Sonn- und Feiertagen ist es hier hoffnungslos überfüllt.

Am Ostufer des Laacher Sees steigen auf vielen hundert Metern Länge sprudelnde Gasblasen wie auch am Römerbrunnen auf.

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Mofetten am Laacher-See-Ufer


Auch sonst bietet die Wanderung um den Laacher See etliche Beispiele für Devongestein, Bims, einen Lavastrom und Kontakte zwischen Bims, älterer Lava und Grundgebirge, was an etlichen Stellen auf Tafeln erläutert wird.

Ansonsten aber geht man vom Römerbrunnen zum nordöstlich gelegenen Aussichtspunkt am Kunkskopf, dem Rest eines bereits überwiegend abgebauten Schlackenkegels. Beim Weg über die Felder hinter Wassenach sieht man im Süden einen charakteristischen Schlackenkegel : den Veitskopf. Ein interessanter Vergleich, einerseits der unberührte Schlackenkegel, wie er in der Landschaft steht, kurz danach am Kunkskopf dank des Abbaus der Blick in einen Schlackenkegel hinein.
[ Wer allerdings um den Laacher See gewandert ist und westlich am Veitskopf vorbeimarschiert, der sieht, das der zwar vom Kunkskopf aus wie ein  Schlackenkegel aussieht, aber doch keiner ist. Es ist ein Schlackenwall, nach Westen geöffnet, hier ist ein Lavastrom ausgeflossen. ]
Am Kunkskopf nun sieht man nun alles, was ein Vulkan zu bieten hat, alle Formen von vulkanischen Auswurfprodukten : feine Asche, gröbere Lapilli und dicke Bomben. An den Wänden sieht man teils schöne Schichten, wie sie entstehen, wenn die Asche vom Himmel ruhig wieder zur Erde fällt. Manchmal ist eine dicke, vulkanische Bombe eingeschlagen und hat die Schichten verformt. In der Mitte des Steinbruchs sieht man harte, graue Masse, ein Lavapfropf. Das aufsteigende Magma war hier in die Schlackenschichten eingedrungen und ist erstarrt.

Weiter geht es rechts um den Steinbruch herum, immer wieder rechts halten, direkt am Steinbruchrand entlang, auch wenn der Weg nachher sehr zugewachsen und schmal wird. Plötzlich steht man an einer Lavawand, mitten im Schlackenring des Kraters. Hier besteht nun die Möglichkeit, die verschiedenen Schlackensorten und Gesteinsschichtungen zu betrachten. An der Straße gehen Sie nördlich Richtung Burgbrohl, biegen aber am Ortseingang bei „Haus Karlheim“/Wellnessstudio nach Osten ab, immer geradeaus aufs Jägerheim zu. Im Wald trifft man wieder auf die Markierung des Weges „U“ und folgt dieser die Serpentinen des schönen Waldweges hinunter und kann noch einmal die mächtigen Trassablagerungen betrachten. Im Tal überqueren Sie die Straße, marschieren über die Wiese auf den gut sichtbaren Trass zu und erreichen einen letzten Höhepunkt der Tour, die Trasshöhlen. Am „Jägerheim“ vereinigten sich die heißen Ascheströme, die durch das Brohltal und durch das Tönissteiner Tal schossen und bildeten hier mit 60 Metern die mächtigsten Ablagerungen. Die Trasshöhlen sind Relikte einer ehemaligen Abbautätigkeit, man kann hindurch wandern, auch wenn man erst denkt, es geht da nicht weiter und kommt hinter dem Jägerheim wieder hervor.