Großbritannien

Exkursion nach SOUTH ENGLAND/ Teil 3: Isle of Wight (Atherfield & Rocken End)

Hallo Steinkerner,

im dritten Teil möchten wir zwei sehr interessante Fundstellen im Süden der Insel vorstellen.



0200_0600.jpg
Bild 0: Die Insel Wight / Isle of Wight / IOW
Die Karte stammt von Openstreetmaps.org.


Zunächst Atherfield.

Diese Fundstelle ist bekannt für ihre schönen Krebse. Aber leider ist der Bereich nicht immer gut aufgeschlossen; oftmals sind nämlich die Schichten dick mit Meeressand überdeckt.

0206__068_Atherfield_1_FURFOSSIL.jpg
Bild 1: Blick hinunter von Shepherd’s Chine, im Hintergrund lobster beds.


Man kann den Abstieg über Whale Chine oder über Shepherd's Chine wählen. Der Weg ist in etwa gleich lang; von beiden Seiten muss man etwa 1 km am Strand entlanggehen. Bei unserem letzten Besuch hatten die Winterstürme die Treppe von Whale Chine weitgehend zerstört und der Strand war nur über einen abenteuerlichen Abstieg zu erreichen.


0201_061_Atherfield_1_FURFOSSIL.jpg
Bild 2: Abstieg Whale Chine im Nebel
.


Wir hatten aber großes Glück, denn die Schicht war erstklassig aufgeschlossen. Auf etwa 100 qm Fläche lagen die Krebse nur so herum.


0202_064_Atherfield_1_FURFOSSIL.jpg
Bild 3: Lobster beds Atherfield.


0204__100_Atherfield_2_FURFOSSIL.jpg
Bild 4: Wir hatten Glück; die Fläche ist wunderbar aufgeschlossen. Das Meer hat einen riesigen Bereich vom Sand befreit.


Genau gesagt handelt es sich hier um hummerartige Zehnfußkrebse namens Meyeria magna (M'COY) aus dem Lower Greensand (Apt).

Wo man sie in der lehmigen Schicht nicht an der Oberfläche sehen konnte, da steckte man einfach die Messerspitze in kurzen Abständen hinein. Wo Widerstand in etwa 1-2 cm Tiefe zu spüren war, mußte man nur noch das Fossil bergen.

0203_098_Atherfield_2_FURFOSSIL.jpg
Bild 5: Nun gilt es den Lobster einfach mit dem Messer zu ertasten und herauszuholen.


Die Krebse sind meist in 3 Stücke zerbrochen. Sie werden in kleinen Probenbeuteln verpackt, damit die richtigen Teile später zusammengeklebt werden können.

Viel zu früh treibt uns die wiedereinsetzende Flut in die höhergelegenen, sicheren Gefilde.

0205__067_Atherfield_1_FURFOSSIL.jpg
Bild 6: Die Flut ist wieder da; Aufstieg Shepherd’s Chine.


Zuhause sollte die Tonschicht vorsichtig unter fließendem Wasser abgewaschen werden. Dabei keinen Druck ausüben, weil sonst die Farbe auf der Schalenoberfläche beschädigt wird. Dann das Fossil einen oder zwei Tage wässern, um das Salz aus dem Meerwasser zu entfernen. Mit Steinkleber kleben, wenn das Fossil wieder durchgetrocknet ist.
Der Lobster muss absolut ausgetrocknet sein, bevor er mit dem kleinen Druckluftstichel freigelegt wird. Die Stichelnadel soll ganz spitz sein. Die Bearbeitung ist langwierig, aber sie funktioniert problemlos.
Zum Abschluss wird die Matrix geglättet, damit die Präparationsspuren verschwinden. Das geht gut mit einem Zahntechniker-Schaber mit einer Klingenbreite von 1-2 mm.
Abschließend wird zum optischen Hervorheben des Fossils sehr stark verdünnter Tiefengrund auf den Panzer aufgetragen. Auf keinen Fall VOR Abschluß der Präparation, weil sonst die Trennschicht zwischen Fossil und Matrix verkleben würde.




0207_068_Atherfield_1786_91_FURFOSSIL.jpg
Bild 7: Eine Auswahl von Meyeria magna / 4 - 9 cm / der "Doppelpack" misst 12 cm.


0208_068_Atherfield_1788_FURFOSSIL.jpg
Bild 8: Meyeria magna / 9 cm. Bei den "Augen" handelt es sich um aufsitzende Schnecken.


0209_068_Atherfield_1789_FURFOSSIL.jpg
Bild 9: Meyeria magna / 7 cm. Hier ist der Schwanz gut zu erkennen.



0210_068_Atherfield_1786_FURFOSSIL.jpg
Bild 10: Zwei Lobster als "Doppelpack" in einer Geode vereint; Länge insgesamt 12 cm.






Das zweite Ziel war Rocken End, ebenfalls im Süden der Insel.


Es ist der höchste Fundpunkt unserer IOW-Exkursion.
Hier steht der Lower Chalk (Unterkreide/Cenoman) an und man findet hauptsächlich Schloenbachia und Acanthoceras.


Vorbei an KNOWLES FARM ging es westlich 500 m über eine Weide.

0611_007_Rocken_End_FURFOSSIL.jpg
Bild 11: Im Hintergrund links der Leuchtturm von St. Catherines ; rechts Knowles Farm.

0612__009_Rocken_End_FURFOSSIL.jpg
Bild 12: Begrenzt von uralten Steinmauern die ebenfalls uralte Farm; very british.



Dann geht man an einem alten Felsrutsch vorbei. Auf einer Anhöhe lagen viele sandige Steine mit Glaukonit-Körnchen. Auf der Oberfläche waren bereits angewitterte, harte, braune Fossilfragmente zu erkennen.


0615__014_Rocken_End_FURFOSSIL.jpg
Bild 13: Karsten zerlegt einen gewaltigen Block in handliche Einzelteile.


Einen großen Block habe ich mit einem Spitzmeißel in kleine Stücke zerlegt. Er muss Dutzende kleine bis mittelgroße Ammoniten (Schloenbachia) bzw. Fragmente davon enthalten haben, wovon die meisten allerdings beim Spalten zersprungen waren. Aber 20 heile Exemplare konnte ich bergen.

0614__013_Rocken_End_FURFOSSIL.jpg
Bild 14: ? Schloenbachia varians.



0616__Rocken_End_1794_FURFOSSIL.jpg
Bild 15: Acanthoceras sp. / 59 mm.


0617__Rocken_End_1795_FURFOSSIL.jpg
Bild 16: Schloenbachia varians / 38 mm.


0618__Rocken_End_1793_FURFOSSIL.jpg
Bild 17: Schloenbachia varians / 45 mm.



0620__Rocken_End_2405_FURFOSSIL.jpg
Bild 18: Ammonit, nicht bestimmt / 32 mm.



Rocken End war ein aufregendes Erlebnis; zum einen wegen der Fossilien und insbesondere, weil ich (Karsten) auf dem Rückweg mit schwerem Rucksack über einen Brombeertrieb gestolpert und mit der Nase direkt in die Dornen gefallen bin.
Was meine Nase nicht gerade verschönert hat.


Aber für die Fossilien muss man schon hin und wieder ein kleines Opfer bringen.


Mit den besten Sammlergrüßen

Karsten & Solveig