Großbritannien

Yorkshire 2008 - Teil 4: Kettleness

Hinweis: Dieser Bericht ist bereits vor einiger Zeit als Kurzbericht erschienen. Wir haben ihn auf die Homepage „transferiert“, um ihn auch unregistrierten Steinkern-Besuchern zugänglich zu machen.

Die sehr interessante Fundstelle "Kettleness" liegt 6 Meilen nördlich von Whitby.
Zu diesem Ort, bestehend aus einem Bauernhof und einigen Cottages, führt hinter GOLDBOROUGH eine sehr enge, kurvenreiche Straße, die uns immer wieder hoffen lässt, dass einem kein anderes Fahrzeug entgegenkommt.
Insgesamt gesehen fängt der Abstieg recht geruhsam an; erst die letzten 50 Meter werden problematisch; sie gehen nämlich fast senkrecht bergab.

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Bild 01: Blick von der Kettleness-Farm nach Nordost über die Runswick Bay nach COBBLE DUMP.


In den Vorjahren hatten wir eine durch Regen ausgewaschene Rinne (Bild 2) zum Abstieg genutzt. Aber diese ist inzwischen fast 2 Meter tief geworden. Und entweder ist sie auch noch enger geworden, oder wir haben derartig an Breite zugelegt, dass wir sie leider nicht mehr nutzen können.

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Bild 02: Die leider für uns nicht mehr passierbare Rinne.

Deshalb führte unser Abstieg zunächst über einen Rutsch von bröckeliger Alaunschiefer. Bei Regen ist an Abstieg nicht zu denken, weil es dann glitschig wie Schmierseife wird. Es war aber trocken, so dass wir, zwei älteren Herren von Mitte 60 und Mitte 70, uns an den alpinen Abstieg machten.
Die letzten 50 Meter forderten uns eine gewisse Kühnheit ab, weil wir hier ein von Anglern oder Sammlern bedenklich zusammengeknotetes Seil (Bild 3) nutzen mußten.


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Bild 03: Ein kritischer Blick auf das Seil, und dann ging es mutig bergab.


Bei dieser Gelegenheit einige ernst gemeinte Hinweise an Sammler, die noch nicht in dieser Gegend waren.
Der Sammler sollte immer daran denken, dass er auf Meeresboden herumläuft, den die Ebbe nur für begrenzte Zeit freigibt. Hier gilt nicht das Motto:“Dem Mutigen gehört die Welt“, sondern vielmehr der Respekt vor den Gewalten und Gefahren des Meeres.

Schon unseren Sammelurlaub planen wir nach dem engen Zeitfenster, das sich aus dem Tiedekalender ergibt. Am ersten Sammeltag sollte die tiefste Ebbe um 9 Uhr liegen. Dann kann man nach hastigem Frühstück bei tiefster Ebbe einen unkritischen Sammelpunkt erreichen, um dann noch 3 Stunden bei auflaufender Flut zu sammeln. Am letzten Sammeltag ist dann die tiefste Ebbe etwa um 16 Uhr, wenn man ein Zeitfenster von 11 Tagen nutzen möchte. Und immer daran denken: die „British Summer Time“ weicht eine Stunde von der deutschen Sommerzeit ab.

Am jeweiligen Fundort angekommen ist es gut zu wissen, wo und wie früh die Flut zuerst aufläuft. Das kann man schon bei ablaufendem Wasser feststellen, denn dort, wo das Wasser zuletzt abläuft, wird es bei Flut zuerst wieder auflaufen.


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Bild 04: Kettleness bei ablaufendem Wasser; Blick nach Nord auf die Landzunge.


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Bild 09: Wie schon auf Bild 4 bei ablaufendem Wasser erkennbar war, ist bei auflaufender Flut auch an gleicher Stelle zuerst das Wasser


Oder man macht sich Notizen für die nächsten Besuche. Diese Stellen sollten früh passiert werden, um nasse Füße oder schlimmeres zu vermeiden. Falls man aber den „Absprung verpasst“ hat und das Wasser schon den Boden bedeckt, dann sollte man bedenken, dass sich darunter die eine oder andere tiefe Rinne befinden könnte. Hier ist ein Abtasten mit dem Wanderstock dann doch sehr nützlich.


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Bild 05: Blick nach Ost auf die Landzunge. Im Hintergrund die Runswick Bay. Als Größenvergleich der kleine Sammler in der Mitte des Bildes.

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Bild 08: Die ersten Rinnen laufen voll. Bei Tiedewechsel bekommen die Wellen ein völlig anderes Geräusch.


Sinnvoll ist es auch, sofort nach dem Abstieg zügig die entfernteren Fundstellen aufzusuchen und sehr frühzeitig um die „neuralgischen Ecken“ zurückzuwandern. Dann kann man zum Schluss - in Sicherheit - die nahe am Aufstieg liegenden Stellen absammeln.
Wie auch an anderen Fundorten der Yorkshire Coast kann man hier den weltberühmten Jet finden (Bild 14);


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Bild 14: Handstück mit Jet aus einem Gesteinsblock herausgeschlagen, CollNr. 771, 14 cm breit, Strichprobe ergibt hellbraune Striche, Fundjahr 1998.

Ein schwarzes, mattglänzendes, leichtes Gestein, das bei uns GAGAT heißt. Mitte des 19. Jh. trug die um ihren Albert trauernde Queen Victoria dazu bei, dass der als Trauerschmuck verwendete Jet in England ungemein beliebt war. Jet ist im Jura aus Holz entstanden und trägt manchmal Abdrücke von Ammoniten.
Die Unterscheidung von der ähnlich aussehenden Kohle ist recht einfach: man streicht das Gestein über ein Stück Schmirgelpapier (das man immer im Rucksack dabei haben sollte; um sich nicht unnütz mit Kohle abzuschleppen) und stellt am hellbraunen Strich fest, daß es tatsächlich Jet ist. Holzkohle ergibt einen schwarzen Strich.

Aber auch Ammoniten, Belemniten und sogar eine Fragment eines Krebstieres haben wir dort schon gefunden (siehe nachfolgende Fotos).


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Bild 10: Dactylioceras tenuicostatum, CollNr. 1645, 9 cm breit, Fundjahr 2003.


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Bild 11: Fragment eines Krebstieres; ähnelt der Coleia vialii, CollNr. 1702, 6 cm hoch, Fundjahr 2003.


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Bild 12: ?Acrocoelites sp., CollNr. 385, 10 cm lang, Fundjahr 2003.



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Bild 13: Dactylioceras semicelatum, CollNr. 772, 7 cm breit, Fundjahr 1998.


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Bild 15: Liaskugel mit Eleganticeras elegantulum; nur die unteren Hälften der beiden linken Exemplare waren im Fundzustand sichtbar, CollNr. 1077, 12 cm breit, Fundjahr 2000.


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Bild 16: Youngibelus tabularis; CollNr. 328, 16 cm lang, Fundjahr 2003.


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Bild 17: Harpoceras falcifer, CollNr. 1076, 16 cm breit, Fundjahr 2000.


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Bild 18: Peronoceras turriculatum, CollNr 2609, 8,5 cm breit, Fundjahr 2003. 
Aus einer ungewöhnlichen Perspektive fotografiert, um die Knoten besser zu zeigen.


Mit den besten Sammlergrüßen
Karsten und Solveig Witteck