Baden-Württemberg

Fossilien aus Geisingen


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English abstract

The author has been visiting the clay pit in Geisingen regularly since 2001, at which time the pit was still being worked by the Holcim company. Nowadays it is owned by the town. It is hardly in use at all any more and parts of it are reverting to their natural state.

The bradfordensis- and concavum-Zones of the upper Aalenium are condensed together in this layer. Over the years a good amount of typical fauna from this geological stage have been found by the author, which he presents below in this article.



Lage und Anfahrt
Seit Sommer 2001 besuche ich regelmäßig die noch sporadisch in Betrieb befindliche Tongrube bei Geisingen a.d. Donau. Für die, die den Weg noch nicht kennen: Die Ausfahrt "Geisingen" von der A81 nehmen. Dann die Ortschaft und in die erste Straße nach den Kreisverkehr links Richtung Wartenberg einbiegen. Recht bald ist rechterhand ein betonierter Feldweg zu sehen. Hier biegt man ein und fährt parallel zur Autobahn an einem Bauernhof vorbei und dann ca. einen Kilometer weiterfahren, bis links die Einfahrt zur Grube zu sehen ist (Kiesweg mit offener Schranke).

Stratigrafie und Fossilien
Es ist der südliche Teil, der uns besonders interessieren soll, weil dort DIE SCHICHT bis vor kurzem immer irgendwie zugänglich war. Aufgeschlossen ist hauptsächlich das obere Aalenium. In der fossilführenden Schicht, einer 40-70 cm mächtigen, chamositoolithischen Kalkbank, verläuft die Grenze zwischen der murchisonae- und der concavum-Zone. Oberhalb dieser Schicht liegt viel zäher Lehm mit eingeschalteten Oolithen und Konkretionen. Weiter oben ist eine Konglomerat-Bank, welche die Grenze Dogger Beta/Gamma bzw. Aalenium/Bajoc darstellt, woraus man hauptsächlich Muscheln und Belemniten gewinnen kann. Dann kommt der untere Wedelsandstein und danach reine Luft. Über die Jahre konnten viele Sammler, darunter auch ich, zahlreiche Exemplare der meist gut mit Schale erhaltenen Fossilien finden und bergen. Ich hörte tolle Geschichten von den einheimischen Kollegen aus den "goldenen Zeiten von damals" und lernte die Verhältnisse immer besser kennen. Höhepunkte für mich waren eine 45 cm messenden Brasilia decipiens, einige gute Exemplare der Hammatoceratidae einige Ichtyosaurier-Wirbel sowie ein Kieferteil von Steneosaurus sp.(?), welches noch in wissenschaftlicher Bearbeitung ist. Dazu kamen auch die üblichen Brasilien und Graphoceraten, Schnecken, Muscheln, Belemniten usw.

Die aktuelle Situation
2001 war die Grube noch in vollem Betrieb. Sie gehörte damals die Firma Breisgauer Portland Zement und lieferte Ton an die Zementfabrik zur Beimischung zum Kalk aus deren Steinbruch im Malm östlich der Autobahn. DIE SCHICHT wurde oft neu angeschnitten und ein Besuch lohnte sich fast immer. Einige Jahre später aber, wurden die gesamten Anlagen, Bruch und Grube an die Firma Holcim veräußert, die den Betrieb stilllegte: Bald lagen die Türme der Zementfabrik in Trümmern auf dem Boden, der Abbau im Bruch ging stark zurück und in der Tongrube wurde nur noch sporadisch Material abgetragen. Man konnte noch sammeln, aber es musste viel Vorarbeit geleistet werden.
Seitdem ist immer wieder die Rede von Renaturierung und in letzter Zeit wurde damit schon in Teilen der Grube angefangen. Kürzlich kehrte ich auf meinem Weg nach Norden in die Grube ein. Dort traf ich wieder auf die freundlichen Ulmer Kollegen, die damit beschäftigt waren, die übrigen herumliegenden Blöcke aus der Schicht zu zertrümmern. Einer erzählte mir, dass er gehört habe, dass noch sporadisch in der Grube gearbeitet werden solle und ich beschloss, mich schlau zu machen, weil ich die genauen Besitzverhältnisse nicht kannte. Jetzt weiß ich Bescheid: Grube und Bruch gehören jetzt der Geisinger Kalkstein Schotterwerk GmbH & Co. KG. Deren Betriebsleiter bestätigte mir, dass teilweise renaturiert wird aber auch, dass weiterhin sporadisch Ton aus der Grube geholt wird. Also... ein Besuch ab und zu könnte sich möglicherweise lohnen, vorausgesetzt dass die Duldung noch weiter besteht. Im Moment ist DIE SCHICHT ziemlich gut (und vielleicht absichtlich?) abgedichtet und es sollte dort nicht gegraben werden.
Jetzt heißt es abzuwarten, was die Zukunft mit sich bringt.

Nachfolgend zeige ich Euch eine Auswahl meiner schönsten Geisinger Funde. Alles wurde ohne Druckluftstichel und Sandstrahlgerät präpariert.


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Abb. 1 (links): Graphoceras cf. concavum, 13 cm.
Abb. 2 (rechts): Brasilia bradfordensis, 15 cm.

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Abb. 3: Brasilia bradfordensis, 20 cm.
Abb. 4: Brasilia decipiens, 19 cm.

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Abb. 5: Eudmetoceras aff. eudmetum, 17 cm.

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Abb. 6 (links): Brasilia aff. bradfordensis, 10 cm.
Abb. 7 (rechts): Brasilia aff. bradfordensis, 10,5 cm.

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Abb. 8: Graphoceras decorum, 8 cm.

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Abb. 9: Graphoceras (Ludwigella) cornu, 5,5 cm.

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Abb. 10: ?Brasilia flocossa, 11 cm.

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Abb. 11 (links): Bredyia bzw. Hammatoceras diadematoides, 4 cm.
Abb. 12 (rechts): Ichthyosaurierwirbel, 6 cm.

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Abb. 13 (links): Pleurotomaria cf. armata, 4 cm.
Abb. 14 (rechts): Bathrotomaria amyntas, zirka 4 cm hoch.

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Abb. 15: Doppelklappige Pressastarte sp., 3,5 cm.

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Abb. 16 (links unten): Pholadomya murchisonae, 7 cm.
Abb. 17 (oben rechts): Nautilus Cenoceras sp. , 14 cm.

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Abb. 18 (links oben): Graphoceras, 6 cm,
Abb. 19 (rechts oben): Detailausschnitt eines aufgesägten Fragments einer großen Brasilia.
Abb. 20: Nautilus (Cenoceras sp.), 18 cm.

Ich fertige in meiner Freizeit gerne Schliffpräparate an. Falls jemand Stücke hat, die nicht präparierbar sind, aber attraktive Schliffbilder ergeben könnten, bin ich gerne bereit gegen eine Aufwandsentschädigung, diese zu sägen. Einen Teil der Einnahmen würde ich dann zur Finanzierung des Steinkern-Servers zur Verfügung stellen. Ihr könnt mich per Email an roger.furze@(at)lehenhof.de erreichen.

Beitrag und Fotos: Roger Furze
Bearbeitung des unten verlinkten Foren-Beitrags für die Homepage: Sönke Simonsen

Mehr über Geisingen (z.T. auch mit größeren Bildern der hier gezeigten Fossilien) im Steinkern.de Forum unter diesem Link.
 

Nachtrag Januar 2014

Es sind nun mehr als 4 Jahre seitdem ich diesen Beitrag geschrieben habe. In der Zwischenzeit ist dort überhaupt nichts mehr abgetragen worden. Die Grube scheint endgültig stillgelegt zu sein. Meines Wissens wird das Sammeln noch geduldet, aber es ist eine Plackerei, den Geisingen-Oolith immer wieder freilegen zu müssen in der Hoffnung, dass etwas brauchbares in die Paar Blöcke zu finden ist, die man unter Schweiß und Tränen heraus hebeln muss. Auch die alte Halde, wo Funde noch gemacht werden konnten, ist inzwischen weitgehend durchgearbeitet. Ich glaube, ich werde nicht mehr so oft dort auftauchen.
Ich habe trotzdem bis zum letzten Jahr mehrere ordentliche Funde gemacht, die zum Teil unten abgebildet sind. Dazu kommen einige ältere Funde, um mehr von die verschieden Fauna darzustellen.

 

A388a.1

Parammatoceras sp.(Sepkoski 2002) 14,5cm.

 

A120a.1

Graphoceras (Lucya) cavatum (Buckman 1902) 17cm.

 

A544a.1

Graphoceras ?fallax (Buckman 1888) 7,5cm.

 

A34.1

Graphoceras (Ludwigella) rudis (Buckman 1889) 3,5cm.

 

E18a.1

Galeropygus sublaevis (McCoy 1848) 5cm.

 

Be35.1

Megateuthis elliptica (Miller 1826) 25cm.

 

L49b.1

Cucculaea sp. (Lamarck 1801) 6,5cm.

 

L72.1

Ctenostreon sp. (Eichwald 1862) 14x12,5cm.

 

L220a.1

Grammatodon sp. (Meek 1860) 7cm. breit.

 

R6a.1

Abguss vom Kieferteil. Steneosaurus sp.(St.Hilaire 1825) 14cm. lang. Das Original befindet sich in der Geologisches Institut in Tübingen.

 

Weiterführende Literatur

 
Furze, Havlik & Aiglstorfer (2010): Die Tongrube Geisingen: Fenster in den Mitteljura der Westalb, in: Fossilien, Heft 2/10.

Gründel, Ebert & Furze (2011): Die Gastropoden aus dem oberen Aalenium von Geisingen (Süddeutschland), in: Zitteliana 51, S. 99-114.