Baden-Württemberg
Jura-Funde von der Eislinger B10 Baustelle - Teil 2: Das Untere Pliensbachium
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- Kategorie: Baden-Württemberg
- Veröffentlicht: Montag, 18. September 2006 19:19
- Geschrieben von Thomas B. (amaltheus)
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Jura-Funde von der Eislinger B10 Baustelle -
Teil 2: "Das Untere Pliensbachium" (letzter Teil)
von Thomas B.
Zwischen 2002 und 2006 wurde an der B10 Ortsumfahrung von Eislingen gearbeitet.
Eislingen liegt - direkt im Schwarzen Jura - wenige Kilometer östlich von Göppingen.
Schon vor Beginn der eigentlichen Erdarbeiten war den örtlichen Sammler klar, dass im Zuge der Arbeiten nahezu der komplette Lias angeschnitten werden würde.
Schon Pfarrer Dr. Engel hat vor fast 100 Jahren in der nahe gelegenen Fils bei Salach u. Eislingen schöne Versteinerungen aus dem Lias gefunden. Diese kann man in Jebenhausen im Naturkundlichen Museum der Stadt Göppingen bewundern.
http://www.steinkern.de/museen-und-privatsammlungen/museen/436-museumstour-von-der-autobahn-a7-zur-a8-eine-museumstour-quer-durch-den-jura-von-ostwuerttemberg.html
(Station 6 der Exkursion)
Im Zuge der Arbeiten wurden über mehrere Jahre hinweg - auf einen ca. 2 km langen Bauabschnitt - die Schichten des Lias Zeta, Epsilon, Delta u. Gamma nacheinander angeschnitten.
Erdarbeiten im Lias Gamma auf der Höhe von Eislingen (Aufgenommen 18. Sept. 2002)
In diesem Beitrag soll es jedoch nur um die Funde aus dem Unteren Pliensbachiums gehen.
Die Funde aus dem Oberen Pliensbachiums habe ich im ersten Teil dieses Berichtes bereits vorgestellt.
Siehe: http://www.steinkern.de/fundorte/baden-wuerttemberg/152-jura-funde-von-der-eislinger-b10-baustelle-teil-1-das-obere-pliensbachium.html
Der Ort Pliensbach bzw. der gleichnamige Bach, der dem Pliensbachium den Namen gab und somit Typuslokalität wurde, ist Luftline keine 10km entfernt. Auch das machte den Aufschluss so interessant.
Die Ammonitenführung im Unteren Pliensbachium von Eislingen. Wandbild aus dem Museum in Jebenhausen.
Eine größere Darstellung (incl. des oberen Pliensbachiums) ist unter folgendem Link im Forum zu finden: http://www.steinkern.de/forum/viewtopic.php?t=1147
Das Untere Pliensbachium:
Das Untere Pliensbachium umfaßt den schwäbischen Lias Gamma - ohne die sog. hangenden Zwischenkalke, die oberhalb der Davoei-Bank auftreten und die bereits zum Oberen Pliensbachium zu zählen sind da darin erste Amaltheen auftreten.
Das Untere Pliensbachium besteht aus einer Wechselfolge von weichen Tonmergeln und etwas härten Kalkmergelbänken.
Im frischen unverwitterten Zustand sind die Schichten blau-grau und gehen ohne große Farbunterschiede ineinander über. Erst mit zunehmender Verwitterung treten die etwas härteren Bänke gegenüber den weicheren Zwischenschichten hervor. Liegen die Schichten sehr oberflächennah, so schlägt die Farbe in ein gelbliches grau um.
Typische Wechselfolge von Tonmergeln und Kalkmergelbänken
Angeschnitten wurden die Schichten des Lias Gamma zwischen Holzheim u. Eislingen beim Bau eines Tunnels. Da dieser nicht bergännisch sondern in offener Trogbauweise erstellt wurde, fiel sehr viel unzerkleinertes Aushubmaterial an.
Dieses wurde großteils direkt neben der Baustelle auf Halden gelagert um damit - am Ende der Arbeiten - den Tunnel wieder zu überdecken. Ein andere Teil wurde als Fundament für die Fahrbahn verwendet bzw. zu Lärmschutzwällen aufgetürmt.
Glüchlicherweise lag somit an vielen Stellen das Aushubmaterial genügend lange offen herum, so dass man doch das eine oder andere Stück hat finden können.
Der offene Trog ... Stand: 28.2.2003
Im Hintergrund wo der Einschnitt endet, lag in der Sohle der Baugrube die Grenze zwischen dem Lias Gamma und Lias
Delta. Der Hang, der sich ab dem Strommasten anschloss, brachte Lias Delta Tone. Nochmals ca. 500m weiter
war die Fundstelle des sog. Saurierfriedhofes von Eislingen im Lias Epsilon.
Der offene Trog mit bereits teilweise fertiggestellten Seitenwänden. Stand: 24. Nov. 2003
Der offene Trog mit fertigem Tunnel. Stand: 30. Dez. 2004.
Obwohl ich die Baustelle fast täglich - wenn auch oft nur kurz - besucht habe, so war ich mit der Fossilausbeute überhaupt nicht zufrieden. Die Funde im Lias Gamma waren doch sehr sehr sehr dünn gesäht.
Wenn man die wunderschönen Funde in der Literatur im Kopf hat, bzw. man sich die Funde im "Engel Museum" in Jebenhausen anschaut, dann gewinnt man leicht den Eindruck, dass die Fossildichte im Lias Gamma sehr hoch sein muss.
Dem ist jedoch überhaupt nicht so !
Es konnte durchaus passieren, dass man für ein sehr gutes Stücke viele Stunden bis hin zu einem Tag suchen mußte.
Und mit Suchen ist das Aufschlagen von überdimensionalen, harten und zähen Tonsteinen gemeint.
Wenn der Lias Gamma aus 5 bis 10m Tiefe herauskommt, dann ist dieser überaus zäh und dicht gepackt - geradezu steinhart. In dieser Form kommt man den Tonbrocken nur mit Vorschlaghammer und großen Meisseln bei. Sobald der Tonstein der Verwitterung ausgesetzt ist, fängt dieser von außen nach innen an abzublättern - die dabei freigelegten Fossilien zerbrechen dann meist.
Überhaupt muss man sagen, dass die meisten Ammoniten zwar in Pyrit erhalten, jedoch großteils platt gedrückt waren. Bei einigen wenigen Stücken war wenigstens die Wohnkammer körperlich erhalten. Nur bei einem ganz kleinen Bruchteil der Funde war der Ammonit komplett erhalten.
Sonderausstellung im Naturkundemuseum Göppingen (in Jebenhausen). U.a. sind sehr viele Neufunde aus dem Unteren Pliensbachium zu sehen - alle gefunden während den Bauarbeiten der B10 Umfahrung von Eislingen.
Weitere Funde aus dem Unteren Pliensbachium von Eislingen. Links hinten ein großer Nautilus mit ca. 30cm.
Hinten rechts ein großer Lytoceras. Mitte hinten: Liparoceraten.
Nochmals ein Bild aus der Sonderausstellung. Links im Eck ein großer Apoderoceras sp. mit 27cm.
Link zur Ausstellung: http://www.steinkern.de/forum/viewtopic.php?t=991
Erschwerend kam hinzu, dass die Ammoniten nicht statistisch im Gestein verteilt waren sondern deren Auftreten an ganz spezielle geringmächtige Horizonte gebunden war. Und wie soll man diese Horizonte im vermischten Aushub finden ?
Aus diesem Grunde ist es nicht verwunderlich, dass nicht allzuviele gute Stücke aus dem Lias Gamma den Weg in private Sammlungen gefunden haben.
Doch Ausnahmen gibt es immer wieder !
Mit Beginn der Bauarbeiten entdeckte M.Grupp aus dem benachbarten Holzheim sein Interesse für Fossilien. Weil er nur wenige Minuten von der Baustelle entfernt wohnte, durchsuchte er während der ganzen Bauphase hinweg systematisch allen anfallenden Aushub. Auf diese Weise wußte er dann irgendwann auch, welche Horizonte mehr bzw. bessere Fossilien enthielten und welche nicht. Vorallem konnte er die Horizonte auch im Aushub noch relativ schnell aufgrund der Fossilführung erkennen.
In unendlich vielen Sammelstunden konnte er so eine sehr umfangreiche u. umfassende Aufsammlung von Fossilien der B10 Umfahrung von Eislingen zusammentragen. Einige wenige Funde sind bereits präpariert.
Auf Matthias Grupp geht auch der Fund eines riesigen Fischsaurierkopfes im Lias Epsilon zurück. Dieser wurde vom Stuttgarter Museum aus dem Unteren Lias Epsilon geborgen. Einen anderer Fund - einen überaus seltener Fischsaurierkopf aus dem Lias Gamma - hat er ebenfalls dem Museum in Stuttgart überlassen.
Die in diesem Beitrag abgebildeten Funde - aber auch andere Funde von einigen örtlichen Sammlern - werden derzeit in Göppingen-Jebenhausen im Rahmen einer Sonderausstellung gezeigt.
(Link zur Ausstellung siehe oben !)
Herzlichen Dank an das Naturkundemuseum in Jebenhausen das mir gestattete, außerhalb der Besuchszeiten Bilder zu knipsen und mir bereitwillig auch ein CD mit "fertigen" Bildern zur Verfügung stellte. Aufgrund der schwierigen Lichtverhältnisse und wegen der Glasvitrinen waren meine eigenen Bilder teilweise dürftig.
Wem einige Bilder aus diesem Beitrag bekannt vorkommen ... der liegt richtig.
Im Fossilien Heft Juli-August 2006 kam ein Beitrag - eben zu Funden von dieser Baustelle.
Die gezeigten Bilder der Einzelfossilien stammen großteils aus der Sammlung von: Matthias Grupp. Jedoch sind auch einige Funde aus den Sammlungen: J.Klaschka u. E.Schneider darunter.
Die Bilder der Einzelfossilien stammen vom Museum. Die Bilder, die die Ausstellung zeigen bzw. Fossilien in Vitrinen, habe ich gemacht - ebenso die Bilder von der Baustelle.
Literatur:
Schlatter, R. (1980): Biostratigraphie und Ammonitenfauna des Unter-Pliensbachiums im Typusgebiet (Pliensbach, Holzmaden und Nürtingen; Württemberg, SW-Deutschland). Stuttgarter Beitr. Naturk., Ser. B., Nr. 65. Stuttgart.
Borngraeber, O. (1993): Die Geologie des Blattes 1:25 000, 7324 Geislingen-West.Dissertation. Stuttgart.
Schlegelmilch, R. (1976): Die Ammoniten des süddeutschen Lias. Stuttgart/New York.
Dr. A. Hegele, Dipl.-Geologe
Zur Geologie des Landkreises Göppingen
Erschienen 1987, Herausgeber: Landratsamt Göppingen
Und nun noch einige Funde aus der Sonderausstellung:
Der häufigste Ammonit im hiesigen Unteren Pliensbachium: Prodactylioceras davoei (ca. 8cm).
Hier in einer grünlichen Erhaltung die immer dann vorkommt, wenn das Material relativ tief lag und damit
der Verwitterung kaum ausgesetzt war.
Hypoderoceras planarmatum. Durchm. 9cm.
Radstockiceras complanosum. Durchm. 17cm Ein wunderschöne scheibenförmiger Ammonit mit sehr scharfem Kiel.
Vorne: Tragophylloceras numismale (vorne links)). Hinten: Metoxynoticeras involutum (ca. 15cm ?)
Platypleuroceras sp. (??) Durchm. 6cm
Platypleuroceras sp. . Durchm. 5cm
Platypleuroceras sp.- div. pyritisierte Exemplare.
Coeloceras pettos. Durchm. 4,5cm.
Coeloceras pettos (links)/ Coeloceras grenouillouxi (rechts). Druchm. jeweils ca. 3,5cm
Uptonia angusta. Durchm. 12cm
Uptonia angusta (links, 12cm) - Uptonia jamesoni (rechts)
Acanthopleuroceras valdani. Durchm. 8cm (Sammlung J.Klaschka, Eislingen)
Liparoceras bechei. Durchm. 17cm.
Parinodiceras (Platynoticeras) sp. - Durchm. 6,5cm. Sehr gut sind die Kammerscheidewände erkennen.
Div. Nautiliden der Gattung Cenoceras. Durchm. max. ca. 7cm.
Mit ca. 30cm ... sehr großer Nautilus der Gattung Cenoceras.
Nicht zu vergessen die Belemniten. Sie stellen in unteren Pliensbachium die häufigsten Fossilien überhaupt dar.
Länge der größten Exemplars ca. 17 cm. Hinten rechts ein Lytoceras sp. mit ca. 10cm.
Ein ganz seltener Fund einer Pflanze ... Otozamites sp.